Der Verein „Learn Money“ will der jungen Generation Zugang zu bestmöglicher finanzieller Bildung eröffnen.
Nichts ist spannender als das Thema Wirtschaft und Finanzen. Diesen Eindruck gewinnt man rasch, wenn man sich mit Carola Ferstl unterhält. Die bekannte Buchautorin und Moderatorin des Nachrichtensenders n-tv weiß Sachverhalte, die ihren beruflichen Alltag bestimmen, auch für Laien verständlich zu erklären. Und dieses didaktische Geschick sollte auch Erfolgsgarant für das jüngste Projekt von Carola Ferstl sein. Mit ihrer Initiative „Learn Money“ richtet sich die Journalistin an die junge Generation.
„Wir glauben, dass man mit finanzieller Bildung die nächste Krise vielleicht verhindern kann. Auf jeden Fall wäre es schon ermutigend, wenn wir wüssten, dass wir Jugendlichen die Möglichkeit gegeben haben, sich selber so aufzustellen, dass sie eine solche Krise überstehen können. Das tun wir mit dem Verein in verschiedenen Schritten“, sagt Carola Ferstl.
„Ein eigenständiges Schulfach Wirtschaft/Finanzen, das ist die Forderung, die ‚Learn Money‘ stellen wird. Aber das ist es nicht, was wir jetzt vordergründig machen werden“, erklärt sie. Zunächst gelte es, für die Problematik Aufmerksamkeit zu schaffen, denn wo es vorher in Deutschland schon meistens geheißen habe, ‚über Geld spricht man nicht‘, laute es jetzt oft, ‚wir haben doch recht gehabt, dass wir nicht über Geld gesprochen haben, denn sieh mal, was wir jetzt für eine riesige Krise haben‘. Das sei natürlich der falsche Ansatz, unterstreicht Carola Ferstl.
Ein Runder Tisch, der in Zusammenarbeit mit der Welt Gruppe Anfang November stattfinde, solle möglichst viele Beteiligte in diesem Prozess für einen Ideenaustausch zusammenbringen. „Es geht dabei nicht darum, dass wir das Rad neu erfinden. Es gibt sehr viele Initiativen auf dem Gebiet ‚financial literacy‘. Wir möchten sowohl Unternehmen, insbesondere Banken und Versicherungen, die sich hier hervortun, aber natürlich auch Lehrer und, wie das in Deutschland mit seinem föderalen Schulsystem ist, die Länderebene mit an einen Tisch bekommen.
Idealerweise könnte uns auch ein Schüler erzählen, was im Unterricht passiert. Wir möchten diskutieren, was es in Deutschland an Modellen bereits gibt, wie ein Schulfach Wirtschaft gestaltet werden könnte, ob dieses möglich und überhaupt gewünscht ist.“ Es sei bekannt, dass Wirtschaftswissen schon heute an Schulen fächerübergreifend unterrichtet werde und dass Kinder Aspekte der Finanzbildung vermittelt bekämen. „Aber das reicht uns nicht aus, weil wir sagen, Finanzwissen ist viel zu wichtig, als dass es in ein paar Stunden in einem Fach mitunterrichtet werden kann.“ Learn Money e.V. gehe es darum, bestehenden Programmen eine breitere Öffentlichkeit zu verschaffen.
Von Matthias Billand, „Die Welt“, 7.11.2009
Carolina Müller-Möhl Unternehmerin
Wirtschaftsthemen gehören auch ins Schulzimmer – möglichst früh und dem Entwicklungsstand der Kinder angepasst. Die Diskussion darüber muss ohne Scheuklappen und falsche Berührungsängste geführt werden. Das ist eine grosse Chance. Für unsere Kinder und für unsere Gesellschaft. Als lukrative Klientel der Werbung sind unsere Kinder immer begehrter. Sie sollen ihren Eltern möglichst früh erklären können, warum ein Leben ohne Gameboy nicht lebenswert ist und warum beim Turnschuh Form und Anzahl der Streifen eben doch ganz entscheidend sind.
Und sie tun dies in der Regel mit Erfolg. Gleichzeitig trauen wir unserem Nachwuchs aber offenbar nicht zu, elementare ökonomische Vorgänge, beispielsweise im Bereich Konsumverhalten, Umgang mit Geld, Produktion oder Steuersystem, zu verstehen. Ein Unterrichtsfach, das Wirtschaftsthemen altersgerecht verpackt vermittelt, sucht man in der Volksschule vergeblich. In den Lehrplänen gibt es keine Verpflichtung zur Behandlung volkswirtschaftlicher Zusammenhänge. Das Thema kann allenfalls und meist nur am Rande im Block «Mensch und Umwelt» gestreift werden. Im Klartext: Ob bereits Hänschen oder erst Hans Vorstellungen zu ökonomischen Prinzipien wie Markt, Güter- oder Geldströmen entwickelt, hängt ausschliesslich von der Initiative der Lehrperson ab.
Ich bin überzeugt, dass hier von zahlreichen Lehrpersonen gute Arbeit geleistet wird. Die Verbindlichkeit fehlt aber. Dabei zeigen Studien und Untersuchungen ein interessantes Bild: «Kinder sind nicht zu jung, um ökonomische Themen zu verstehen » – hält die renommierte deutsche Bildungswissenschaftlerin Meike Wulfmeyer fest. Sie bemängelt in diesem Zusammenhang eine «falsch verstandene Kindorientierung » und fordert, dass Ökonomie zum Kernstoff der Grundschule gehören muss.
Ihr Buch «Ökonomische Bildung in der Grundschule – Wie Kinder handlungsorientiert Wirtschaft machen!» zeigt Beispiele aus der Schulpraxis auf. Wir erwarten von unseren Kindern und künftigen Erwachsenen, dass sie in einer hochkomplexen Gesellschaft und Wirtschaftswelt bestehen und mit deren Chancen – aber auch deren Gefahren und Verführungen – sicher umgehen. Gleichzeitig verzichten wir darauf, Ihnen schon möglichst früh das Rüstzeug dafür mitzugeben. Das ist eine verpasste Chance!